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Wir.

Das Patriarchat hat zwei Töchter. Davon ist die eine fleißig und schön, die andere faul und hässlich. Das sind wir. Wir sind wenige, doch wir wissen, dass viele die gleiche Gewalt durchdringt. Das Patriarchat will uns unter vier Augen sprechen, aber wir lassen uns nicht vereinzeln. Denn wenn wir, als faule, wütende Pizzamonster ein aktivistisches Kollektiv gründen, dann bedeutet das, dass uns nichts anderes übrig bleibt, als Staaten zu stürzen, Geldsysteme abzuschaffen, Binaritäten zu sprengen und das Patriarchat zu vernichten. Feminism is an attack on men. Well. Not all men.

Wir sind aufgewachsen mit Frauen, die alles erledigt haben, aber am Ende doch nicht alles haben durften. Nein. Wir werden keine ewigen Mütter sein. Nein, wir werden euch nicht mit Informationen füttern und den Arsch abwischen, wenn ihr Durchfall davon bekommt. Nicht unser Problem, ehrlich, Junge. Juckt uns nicht. Wühlt euch selbst durch all die unsichtbar gemachte Geschichte und Theorie. 

Übernehmt Verantwortung. 

Wir wollen Fürsorge als kollektive Aufgabe, nicht als individuelle. Wir wollen füreinander sorgen. Banden bilden. Weg mit dem Kern in der Familie. Romantischer Bund zu zweit als einzig verbindliche Möglichkeit? Weiß ich nicht, Disney.  Lieber wollen wir gemeinsam einsam Gemüse ernten, in unseren Gärten aus Beziehungsgeflechten.

Wir müssen anschreien. Gegen den Status Quo. Das zur Norm erklärte auswürgen. In all seiner auffälligen Neutralität schmeckt es nämlich übel bitter. Wenn wir es aber wagen, die uns zugewiesenen Plätze zu verlassen, wenn wir es wagen, denen, die sich mit ihren Koffern voller Privilegien überall als Dauermieter eingekauft haben, bittere Galle vor die Füße zu spucken, dann wird es sehr schnell ungemütlich. Wir wollen so hysterisch sein, als hätten wir fünf Gebärmütter auf einmal. Oder keine. Wir wollen so empfindlich, nervig, zickig, so political correct, so cancelnd sein, so Sprachpolizei, dass Dieter Nuhr uns in sein Programm aufnimmt. Yeah. Apropos Polizei. Niemensch muss Cop sein. Niemensch muss Intendant werden. Kein Cop  schätzt uns. Kein Intendant besetzt uns. Wir besetzen uns selbst. Und die monumentalen patriarchalen Theaterhallen. Die besetzen wir auch. Mit unseren schönen widerspenstigen Ärschen. Lass Gras drüber wachsen.

Alle Menschen haben einen Arsch. Sollte nicht er zum neuen, universellen, primären "Geschlechtsorgan" gekürt werden? Da haben wir doch die gemeinsame Basis. All die Ärsche auf dieser Welt. Alice R.I.P. Wir geben Pupskonzerte zum Thema Performanz der Geschlechter. Es wird hergestellt, es ist nicht angeboren. Pups. Und in diesem magischen Prozess sind die Möglichkeiten von Gender, Sexualität und Expression so vielfältig, dass uns die Pupse steckenbleiben. 

Machen wir uns nichts vor. Der Kapitalismus eignet sich alles an. Selbst die Kritik an ihm wird schick verpackt und mit Schleife ins Schaufenster gestellt. Ein Slogan bleibt. Ein Produkt. Ein schickes Festival zum Thema Widerstand. “So geht das nicht”, “Steht auf”! singt die deutsche Theater-Bourgeoisie und spielt Protest. Eine zynische Ablass-Performance. Gegen was werden da am Fließband Widerstands-Produkte verkauft? Wem wird eine Bühne gegeben? Rot anmalen, für schwarze Zahlen. Jipi yeah!

Wir weigern uns, unsere Leidenschaft und Kreativität zu vergeuden. Wir weigern uns, geistig und künstlerisch zu verkümmern. Wir sagen, was wir denken. Wir sagen, was wir fühlen. Das ist unsere Revolution. Kunst ist unsere Widerstandsform. Wir glauben an die witchcraft vom Theater. An kollektive Kunst.

Aus diesem blühenden Garten unserer Überzeugungen heraus behalten wir euch im Auge, wie ihr eure Zäune baut. Unsere Katze streichelnd. Ein zartes Gewebe aus weichem Moos unter uns. Pilze, die sich verflechten und kommunizieren. Uns zuflüstern, dass wir uns verweigern sollen. Denn unser Nicht-Mitspielen ist vielleicht die größte Gefahr. Und wie die Pilze in wenigen Minuten ein ganzes U-Bahn-Netz entwickeln, wofür Menschen Jahre bräuchten, so lassen wir uns von Alraunen und Petersilie die Richtung weisen. Sie überwuchern jede Bühne dieser Welt und erinnern uns daran, wie kämpferisch die Faulheit ist.